EIOM-Projekt

Migration und Mobilität sind Phänomene, die aus unserer heutigen Gesellschaft nicht mehr wegzudenken sind. Immer mehr Menschen haben transnationale Bezüge sowie eigene oder familiale Migrations- und Mobilitätserfahrungen. Vielfältige Lebensentwürfe, Sprach- und Alltagspraktiken werden auch in Österreich zunehmend sicht- und hörbarer. Mit der Pluralisierung der Gesellschaft gehen dynamische Prozesse einher, die auch religiöse Orientierungen und Zugehörigkeiten beeinflussen. Der Anteil der muslimischen Bevölkerung in Österreich ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen und wurde im Jahr 2017 vom Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) mit rund 700 000 Mitgliedern beziffert (vgl. ÖIF 2017).

Blickt man auf die mediale Repräsentation von Muslim*innen und dem Islam, so werden vor allem organisierte muslimische Vereine, Einrichtungen und Moscheegemeinden sichtbar, die jedoch nur einen kleinen Ausschnitt religiöser Alltagspraktiken ausmachen und bei weitem nicht die Diversität der gesamten Muslim*innen abbilden (vgl. Aslan/Kolb/Yildiz 2017). In der medialen Repräsentation finden sich zahlreiche Beispiele, die Muslim*innen öfters in pauschalisierender Weise als „anders“ darstellen. Dieses Bild erzeugt binäre Gruppenzugehörigkeiten („Wir“ und „die Anderen“) 

Dabei darf nicht unterschätzt werden, dass die mediale Berichterstattung über den Islam Auswirkungen auf die Orientierungen und Alltagspraktiken von Muslim*innen haben kann und insbesondere in der sensiblen und suchenden Phase der Jugend eine wesentliche Rolle spielt. In unserem Forschungsprojekt möchten wir deshalb unseren Fokus vor allem darauf richten, wie sich das mediale Islambild auf die Lebensweisen, religiösen Orientierungen und Zukunftsvisionen von muslimischen Schüler*innen auswirkt bzw. ob es einen eindeutigen Zusammenhang zwischen diesen Parametern gibt. Darüber hinaus wird gefragt, in wie weit die Schule diesbezüglich eine Rolle spielt.

Entlang der Grundfragestellung, welchen Einfluss das öffentliche Islambild auf Lebensentwürfe und religiöse Orientierungen muslimischer Schüler*innen hat und welche Rolle die Schule dabei spielt, werden folgende Forschungsfragen formuliert:

1.  Wie nehmen die muslimischen Schüler*innen das öffentliche Islambild wahr und durch welche Medien wird ihr Islambild geprägt?

2.  Wie gehen die muslimischen Schüler*innen mit der medialen Darstellung des Islams im Schulalltag um? Entstehen im schulischen Kontext Konflikte bzw. Diskussionen mit Mitschüler*innen bzw. dem Lehrpersonal?

3.  Welchen Einfluss hat das öffentliche Islambild auf die Lebenskonstruktionen der Schüler*innen?

4.  Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem öffentlichen Islambild und religiösen Orientierungen bei muslimischen Schüler*innen in Österreich?

5.  Welche Bedeutung wird der religiösen Zugehörigkeit im Alltag beigemessen?

Die Erkenntnisse dieser Studie sind zum einen für die Fachwelt relevant, haben aber auch darüber hinaus gesellschaftliche Bedeutung, da sie zur kritischen Reflexion über bestehende Islambilder und deren wissenschaftliche sowie mediale Reproduktion anregen. Die Ergebnisse können auch dazu dienen, die bestehenden Migrations- und Integrationskonzepte zu überdenken. Für den professionellen Umgang in einem heterogenen Arbeitsfeld sind neben der Dekonstruktion von Stereotypen vor allem auch Erkenntnisse über deren strukturelle Entstehungsbedingungen unabdingbar.

 

 

Literatur:

Aslan, Ednan/ Kolb, Jonas/ Yildiz, Erol (2017): Muslimische Diversität. Ein Kompass zur religiösen Alltagspraxis in Österreich. Wiesbaden.

Österreichische Integrationsfonds (Hrsg.) (2017): Demographie und Religion in Österreich. ÖIF-Forschungsbericht. Wien.