Studentisches Schreiben konstruktiv und motivierend anleiten
Schreibprozesse an der Universität gestalten sich anders als es viele Studierende von der Schule kennen: Es ist notwendig, Texte genauer vorzubereiten, mehrmals zu überarbeiten, die Wissenschaftssprache zu meistern und man schreibt länger an einzelnen Texten. Studierende erlernen das Schreiben an der Universität gewissermaßen „neu“. Die Herausforderungen, vor denen Studierende beim Schreiben von Seminararbeiten stehen – und vielleicht kennen Sie diese aus eigener Lehr- oder Studienerfahrung – sind daher oft dieselben: Themeneingrenzung, Forschungsfrage formulieren, rechtzeitig vom Lesen ins Schreiben kommen und beim Schreiben bleiben.
Sie als Lehrende können Ihre Studierenden bei der Bewältigung dieser Hürden und ihrer Entwicklung als Schreibende an der Universität unterstützen, durch den Einsatz von Schreibaufgaben während des Semesters, dem Bereitstellen von Materialien und durch kleine Hinweise. Wir stellen Ihnen hier einige Methoden und Übungen aus der Schreibdidaktik vor, die Sie in Ihr Seminar (online oder vor Ort) einbauen können.
Als erfahrene Schreibende (und Lehrende) wissen Sie: eine Seminararbeit steht und fällt mit dem Thema und der Forschungsfrage. Viele Studierende tun sich schwer, das Thema Ihrer Seminararbeit einzugrenzen oder eine machbare Forschungsfrage (oder Problemstellung) zu formulieren. Sie können Ihre Studierenden dabei unterstützen, indem Sie Beispiele von Forschungsfragen im Fachbereich zeigen. Danach können Sie mit einer einfachen Umformulierungsübung – dem „Dreischritt“ –– die Studierenden dazu anleiten eine erste Formulierung einer Forschungsfrage zu entwerfen und sich über das Ziel der Arbeit klar zu werden. Auf diese ersten Fragestellungen könnten sich die Studierenden dann direkt in der Einheit Feedback geben, oder Sie sammeln diese Entwürfe ein und geben ein Sammelfeedback darauf. Weitere Materialien zu z.B.: Themeneingrenzung („Themenpyramide“) und Planung des Forschungsvorhabens („Planungsfünfeck“) finden Sie auf der Seite Materialien für die schreibintensive Lehre.
Die genannten Übungen eignen sich in Folge gut als Grundlage für die Erstellung eines Exposés. Unser Handout zum Exposé können Sie gerne an Ihre Erwartungen oder die Gepflogenheiten Ihres Faches anpassen. Mit der Abgabe eines Exposés als Teilleistung bekommen Sie nicht nur eine (mehr oder weniger) „verbindliche“ schriftliche Übereinkunft über die wichtigsten Eckpunkte der Arbeit zwischen Ihnen und den Studierenden. Studierende haben auch einen ersten Text, aus dem heraus sie die Seminararbeit aufbauen können. Weisen Sie Ihre Studierenden darauf hin, dass sich das Projekt während des Schreib- und Forschungsprozesses entwickelt und verändert (und dass das okay ist). In unserem Moodlekurs „Schreibintensive Lehre digital unterstützen“ finden Sie unter dem Titel „Vom Thema zum Exposé“ eine Abfolge von Aufgaben und Handouts, die Sie direkt in Ihren eigenen Moodlekurs importieren können.
Haben Ihre Studierenden Thema und Forschungsfrage (oder etwas Vergleichbares) festgelegt, die wichtigste Literatur gelesen und die Struktur erarbeitet, können Sie sie darin unterstützen, erste Textteile zu produzieren. Viele Studierende haben Schwierigkeiten dabei, vom Lesen ins Schreiben zu kommen und tun sich schwer, mit dem Schreiben zu beginnen. Schreibstrategien zur Produktion von Text wie das „Freewriting“ – schreiben, ohne auf Rechtschreibung und Grammatik zu achten – können der „Angst vor dem leeren Blatt“ entgegenwirken. Sie können in einer Einheit auch über Ihren eigenen Schreibprozess erzählen: Wie gehen Sie selbst beim Schreiben eines Textes vor? Wie, wie oft und wann überarbeiten Sie? Wie gehen Sie mit verschiedenen Fassungen eines Textes um? Im Anschluss können Sie die Studierenden dazu auffordern sich in Kleingruppen über Schreibstrategien und –vorlieben auszutauschen.
Wenn Sie Abgaben erster Entwürfe fordern, ist es wichtig, den Studierenden die Angst zu nehmen, etwas „Unfertiges“ abzugeben. Machen Sie ihnen klar, dass ein Rohtext noch nicht perfekt und fehlerfrei sein muss, sondern dass es sich um einen ersten Entwurf handelt, der vor allem dazu dient, dass Sie als Lehrende einen ersten Eindruck bekommen. Inhaltlich oder sprachlich sollten Sie diesen Text nicht bewerten: Studierende sollen durch diese Abgaben lernen, dass das Produzieren von „schlechten“ ersten Entwürfen „normal“ ist, dass Überarbeitung ein wichtiger Bestandteil des Schreibens ist und dass es in Ordnung ist, mit unfertigen Texten zu Ihnen zu kommen und um Ihr Feedback zu bitten. Weisen Sie Ihre Studierenden darauf hin, dass sie sämtliche Teilleistungen und Schreibübungen nicht „umsonst“ schreiben, sondern dass sie dadurch wertvolles Material für weitere Entwürfe produzieren.
Wir wünschen viel Erfolg bei der Gestaltung Ihrer (schreibintensiven) Seminare!
Unsere Schreibdidaktik-Expert*innen stehen gerne für Rückfragen und Beratungsgespräche zur Verfügung!