Aussendung des BR zu Lehre, Covid, UG-Novelle §109
Browseransicht
Juni 2021

Aussendung des BR zu Lehre, Covid, UG-Novelle §109

 

Sehr geehrte Kolleg_innen!

 

Das dritte Semester in Folge mit großen Einschränkungen und einer enormen Mehrbelastung in Forschung und Lehre durch die Corona-Maßnahmen neigt sich dem Ende zu und weiterhin muss über weiterbestehende Einschränkungen auch im kommenden Winter-Semester diskutiert werden. Soweit uns als Betriebsrat bekannt ist, plant das Rektorat die Lehre für unterschiedliche Szenarien. Meist fällt in diesem Zusammenhang der Begriff der „hybriden Lehre“.

 

Hybride Lehre

 

Als Betriebsrat haben wir eine mehrheitliche Haltung zum Thema hybride Lehre – und diese Haltung  ist von Ablehnung, verbunden mit dem Bekenntnis zur Präsenzlehre, geprägt. Hybride Lehre stellt in vielen Fächern einen großen Mehraufwand dar, da in zwei unterschiedlichen Lehrformaten geplant und die Lehre abgehalten werden muss. Obwohl mittlerweile einige  Unterrichtsräume mit einer Infrastruktur zum Distance-Teaching ausgestattet wurden, ist jedoch nach wie vor der Großteil der Seminarräume und kleineren Hörsäle mangels technischer Ausstattung ungeeignet für Distance-Teaching. Es war und ist daher in der Regel die private Infrastruktur, welche die Lehre in den letzten drei Semester ermöglichte, aber gleichzeitig auch zu einer nicht abgegoltenen finanziellen Belastung der Lehrenden geführt hat (zB Internetkosten).  Eine uneingeschränkte Präsenzlehre wird wohl auch im Wintersemester nicht stattfinden können, da eine Vollauslastung der Hörsäle infolge staatlicher Vorgaben weiterhin nicht möglich sein wird.  Auch werden andere Einschränkungen (zB Regelungen zur Maximalzahl von Personen in geschlossenen Räumen) eine Anwesenheit aller  Lehrenden und Forschenden an der UNI nicht erlauben.

Die Überprüfung  der Einhaltung der 3G-Regel darf keinesfalls bei größeren Lehrveranstaltungen zu den Aufgaben der Lehrenden zählen. Das ist aus meiner Sicht ein absolutes „NoGo“ und muss anders geplant werden.

Mit einem Maß höchster Irritation mussten und müssen wir als Betriebsrat sehen, dass es wenig Anstrengung des Dienstgebers bzw. der BIG zur Anpassung der Lüftungssysteme an die pandemische Situation gab – keine Maßnahmen zur nachhaltigen Verbesserung des Raumklimas, um einerseits die mögliche Virenbelastung zu verringern und andererseits auch – angesichts der Auswirkungen des Klimawandels – in kühleren Räumen zu unterrichten.

Als Betriebsrat wollen wir auch grundsätzlich festhalten, dass nur anerkennende Worte – wie bisher – schon recht wenig sind, v.a.  wenn auch dieses „Übergangssemester“ weiterhin nicht unter „vor-Covid-Bedingungen“ stattfinden kann und abermals außergewöhnliche Belastungen für die Lehrenden  bringen wird. Bisherige Forderungen nach finanziellen Abgeltungen, sei es auch nur in pauschalierter, gleichsam symbolischer Form wurden leider zur Gänze von der Universitätsleitung abgelehnt.

 

Home-Office

 

Die Beschränkungen durch die Pandemie haben viele von uns ins Home-Office gezwungen, und teilweise mag dies auch eine erkennbare Verbesserung hinsichtlich der Einteilung der Arbeitszeit gewesen sein. Teilweise hat das Home-Office aber auch zu vielfältigen Einschränkungen und unerwünschten Nebeneffekten geführt. Für Wissenschaftler_innen ist es klar, dass das Arbeiten von zu Hause manchmal von großem Vorteil ist, manchmal aber auch die Tätigkeit an der Arbeitsstelle zu bevorzugen ist – also eine Mischform. Seit Beginn der Pandemie gab es entsprechende Gesetze, die das Home-Office zum Gegenstand hatten – hier vor allem bezogen auf den erweiterten Versicherungsschutz bei  Unfällen im Home-Office. Und auch rein dienstrechtlich war und ist es aktuell noch klar, dass das Arbeiten im Home-Office für alle Beschäftigungsgruppen möglich ist.

Sollten jedoch die Infektionszahlen auf dem aktuellen Stand bleiben oder weiterhin abnehmen, ist das Ende der entsprechenden Gesetze zu erwarten, und dann gilt wieder der frühere Zustand – d.h. ca. zwei Drittel der Wissenschaftler_innen haben hinkünftig keinen Anspruch auf Home-Office.

Ohne entsprechende Betriebsvereinbarung bewegen sich die Kolleg_innen dann in einer rechtlichen Grauzone, wenn sie weiterhin im Home-Office arbeiten wollen – selbst wenn der/die Dienstvorgesetzte Home-Office gewährt. Den Abschluss einer solchen Betriebsvereinbarung verwehrt uns Wissenschaftler_innen aber das Rektorat bis jetzt – und das können und wollen wir nicht akzeptieren, und werden um eine solche Betriebsvereinbarung kämpfen. Aus unserer Sicht gibt es keinen sachlichen Grund gibt, warum das zwar für das allgemeine Personal, nicht aber für die wissenschaftlichen Mitarbeiter_innen erlaubt sein soll.

 

Covid-Impfungen

 

Als Betriebsrat haben wir mit der Umsetzung der betrieblichen Impfung überhaupt nichts zu tun – außer dass wir mehrfach eine solche zeitnah eingefordert haben. Die Umsetzung liegt vielmehr allein bei der Universitätsleitung, die mit der Kombination Anmeldung an der Universität und Durchführung in Rahmen der Infrastruktur der der Stadt Wien ein guten Weg gefunden hat, um den die Kolleg_innen – die das wollen – eine Impfung zu ermöglichen.

Auch wenn ich persönlich glaube, dass die Gefahren einer Impfung geringer sind als die Gefahren durch eine Erkrankung, so möchte ich trotzdem betonen, dass  sich jede/jeder Mitarbeiter_in an mich wenden kann, wenn sie/er das Gefühl hat, zu einer  Impfung gezwungen zu werden. Eine direkte oder indirekte Impfpflicht lehne ich persönlich ab, und ich denke, dass das auch eine Mehrheitsmeinung aller Betriebsratsmitglieder ist. Die Haltung zu einer Testpflicht ist im Betriebsrat allerdings nach meiner Wahrnehmung zu indifferent, um hier eine Mehrheitsmeinung kommunizieren zu können.

 

Erschöpfung nach drei Semestern  im Ausnahmezustand

 

„Es hat eh gut funktioniert …“ –- ja hat es bis jetzt – aber nur deswegen, weil die meisten Kolleg_innen weit über ihre Grenzen der Belastbarkeit gingen. Es ist Ihre Leistung als Mitarbeiter_innen der Universität Wien, dass Studierenden wenig Nachteile im Studienfortschritt erwachsen sind, es ist Ihre Leistung, dass die Universität in Wissenschaft und Forschung weiterhin das  gewohnt hohe Leistungsprofil halten konnte.

Aber wenn Sie merken, dass es nicht mehr geht – wenn Sie merken, dass  psychischer und/oder physischer Druck auf Ihnen nach 1,5 Jahren Dauerstress lastet,  dann zögern Sie nicht, das Ihren Vorgesetzten zu sagen, Ihre Arbeit einzuschränken, die Möglichkeit eines Krankenstands zu erwägen  und sich, wenn nötig, externe Hilfe zu suchen. Das Narrativ der „Selbstausbeutung“ der Wissenschaftler_innen sollte längst seine Gültigkeit verloren haben und auf dem Müllhaufen der falschen Ideologien gelandet sein.

Bitte zögern sie nicht, bei psychischer Erschöpfung mit unseren Arbeitsmediziner_innen und Arbeitspsycholog_innen Kontakt aufzunehmen. Und wenn Ihnen ein ganz hohes Maß an Verschwiegenheit bei einem Gespräch mit dem Betriebsrat wichtig wäre, dann können sie mich auch jederzeit in meiner übergeordneten Verschwiegenheitspflicht als Psychotherapeut kontaktieren.

 

UG-Novelle - § 109

 

Auch wenn es vordergründig so ist, dass die Übergangsbestimmungen des UG §109 für den Herbst keine großen Katastrophen für die Kolleg_innen erwarten lassen, so sind diese Katastrophen nur aufgeschoben und nicht aufgehoben. Ohne entsprechende Kultur der Entfristung in allen Bereichen wird in spätestens vier Jahren die österreichische Universitätenlandschaft massive negative Einschnitte und personellen brain-drain erfahren. Es war und ist eine klare Ansage des Gesetzgebers, dass man mit dieser Novelle viel mehr Wissenschaftler_innen und Lehrende in eine dauerhafte Stelle an den Universitäten bringen will. Wenn die Rektorate der österreichischen Universitäten den Intentionen des Gesetzgebers nicht folgen wollen – und das Gesetz sieht aufgrund der universitären Autonomie auch nicht mehr als Regeln zu den Befristungen vor –,  dann haben sie ihre Pflichten gegenüber den Mitarbeiter_innen, die sich aus der Autonomie ergeben, wohl nicht verstanden.

Mittlerweile gibt es eine Webpage der Personalabteilung zur Novelle des § 109 – diese finden Sie unter: Intranet der UNI-Wien – Themen A-Z – K – Kettenvertragsregelung neu!  (die Angabe des Links ist hier nicht möglich, da sich die Seite hinter dem Login befindet – wir werden aber in den nächsten Wochen eine einfacher erreichbare Seite des Betriebsrates zu diesem Thema gestalten) .

Wir möchten an dieser Stelle auf einige irreführende „Gerüchte“ zum § 109 hinweisen. So gilt entgegen anderslautenden Aussagen von Kolleg_innen:

  • Die Befristungen sind immer nur auf eine Universität bezogen und nicht universitätsübergreifend.
  • Für die Berechnung der Kette gelten rückwirkend alle Zeiten der Anstellung an einer bestimmten Universität.
  • In bestehende Verträge kann nicht eigegriffen werden.

Bitte zögern Sie nicht, sich an den Betriebsrat zu wenden, wenn sie spezielle Frage zum neuen § 109 haben. Auch wir wissen natürlich noch nicht alles, aber wir wissen mittlerweile, dass eigentlich alle Mitarbeiter_innen von der Novelle betroffen sind: So gilt für jede Form der Lehre, die über die vorgeschriebene Lehre hinausgeht, die Regel betreffend Lektor_innen: Auch wenn Sie also ein unbefristetes Dienstverhältnis haben, so erschöpft sich nach acht Studienjahren die Möglichkeit, noch zusätzliche Lehre anzubieten,  außer sie können diese gegen freien Dienstvertrag abhalten.

Der Betriebsrat wird jedenfalls weiter dafür kämpfen, dass Universitäten ein Ort der beruflichen Planbarkeit werden und kein Ort des hire-and-fire bleiben.

 

Liebe Grüße

Karl Reiter

und das Team der Betriebsrät_innen

 

 

Impressum
Betriebsrat für das Wissenschaftliche Personal der Universität Wien | Universitätsring 1, 1010 Wien | brwup.univie.ac.at
Datenschutz